Paro - die Demenzrobbe

Tiere fördern das Wohlbefinden der Menschen. Immer mehr Alters- und Pflegeheime erkennen die grosse Bedeutung der Tiere für ältere Menschen. Das Tier ist Gesprächspartner und Freund, es schenkt Zärtlichkeit und Geborgenheit. Nichts desto trotz können nicht immer und überall lebendige Tiere zum Einsatz kommen. Hierfür hat die moderne Technologie aber durchaus passende Antworten - so zum Beispiel mit der Demenzrobbe PARO.

Robben sind eine bedrohte Tierart und daher schutzbedürftig. PARO sieht unschuldig aus und erweckt den «Jöö- Effekt». Die Roboter-Robbe wirkt harmlos und weckt Neugier. Auch weckt sie Erinnerungen an ein Baby, wenn man PARO in den Armen hält. Die Robbe kann nicht beissen oder gibt laute Töne von sich. Die Robbe ist neutral und spricht daher Hundeliebhaber wie auch katzenfreundliche Personen an.

Bedeutung Kindchenschema
Die Merkmale des Kindchenschemas spielen eine bedeutsame biologische Rolle bei der Aufzucht von Nachwuchs, denn sie aktivieren bei Elterntieren den Pflege- und Beschützerinstinkt, das Brutpflegeverhalten und hemmen bei anderen erwachsenen Tieren Aggressionen gegenüber dem Nachwuchs. Menschen finden bekanntlich nicht nur menschliche Babys niedlich, sondern auch Tierbabys. Das Kindchenschema ist universell, d.h., es tritt unabhängig von der kulturellen Zugehörigkeit, unabhängig von Alter oder Geschlecht eines Individuums auf, wobei seine adaptive Funktion im Schutz der eigenen bzw. genetisch verwandter Nachkommen besteht. Das Kindchenschema ist somit ein genetisch bedingtes, angeborenes Wahrnehmungsschema, das dafür sorgt, dass junge Lebewesen automatisch erkannt werden, meist ohne dass man sich der auslösenden Merkmale bewusst wird. Das Kindchenschema bereitet auf ganz bestimmte Verhaltensweisen vor. Mit anderen Worten: Bei der Wahrnehmung von Kleinkindattributen stellt sich eine emotional getönte Zuwendungsreaktion ein und bringt erwachsene Individuen, aber auch Kinder in eine emotionale Grundstimmung, von der aus eine erhöhte Bereitschaft zu Schutz und Pflege entsteht.

Was kann PARO?

- PARO hat einen echten Tag-/Nacht-Rhythmus mit Morgen, Nachmittag und Nacht
- Er hat fünf verschiedene Arten von Sensoren: tasten, Licht, hören, Temperatur und Lage.
- Er kann Licht und Dunkelheit erkennen.
- Er kann Streicheln und die Anzahl der Streicheleinheiten fühlen.
- Er geniesst es, getragen zu werden.
- Paro kann die Richtung, aus der ein Geräusch kommt erkennen.
- Er versteht seinen Namen, Grüssen und Lob.
- Er erinnert sich an seinen sozialen Umgang und passt sich an.
- PARO imitiert die reale Stimme einer Baby-Robbe.
- Er drückt Gefühle durch Geräusche, Bewegungen und Gesichtsausdruck aus.

Der Roboter enthält eine lernwillige Software, somit entwickelt jeder eine eigene «Wesenheit». Er reagiert auf Streicheln und schreit, wenn man ihn schlägt. PARO kann mit den Schwanzflossen wedeln und freudig Fipsen. Auch hat er einen Augenaufschlag, der Gefühle beim Gegenüber auslöst. Er kann sich bis zu 50 Namen merken, die man ihm gibt und reagiert demenentsprechend.

Was soll für Bewohnerinnen und Bewohner mit PARO erreicht werden?
Mein Wunsch ist es, diejenigen Bewohnerinnen und Bewohner abzuholen, welche sozial nicht gut integriert sind aufgrund von Seh- Hör- und Sprachschwierigkeiten oder auch solche, die wenig Besuch haben oder ganz einfach Tiere lieben. Ich möchte mit PARO die Menschen in ihrer Gefühlswelt berühren und Kontakt aufnehmen können. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen Emotionen erfahren und ausdrücken dürfen. Im Erkennen und Anerkennen von Gefühlen und Antrieben, soll der Mensch in seiner Ganzheit und Individualität besser verstanden werden. Längst Vergangenes und Verdrängtes kann durch Emotionen wieder an die Oberfläche gespült werden. Der Betroffene kann vielleicht wieder Zugang zu guten oder weniger guten Erinnerungen erlangen. Es kann ein Prozess der Versöhnung mit dem Leben eingeleitet werden. Die Bewohnerin/der Bewohner darf über Vergangenes erzählen. Durch das Erzählen verbessert sich der Wortschatz innerhalb der Besuchszeit mit PARO. Gezielte Biographiearbeit ist ebenfalls möglich. Die Berührungen und Streicheleien wirken beruhigend und wecken Geborgenheit. Durch das Berühren wird die Person im Innersten berührt, was zu einem gesteigerten Wohlbefinden und Zufriedenheit führt. Wenn ein Mensch zufrieden wirkt, wird er zugänglicher im sozialen Umfeld. Kommunikation und Kontakt können verbessert werden.

Die Berührungen und Streicheleien wirken beruhigend und wecken Geborgenheit.
Evelyn Lieberherr, Leitung Team Aktivierung BZE AG

So bereichert PARO die BZE AG
Weil PARO zu einem gesteigerten Wohlbefinden und mehr Zufriedenheit führen kann, kann ich die Pflegenden mit PARO in ihrer Arbeit längerfristig und nachhaltig unterstützen und entlasten. Stress und Zeitdruck werden reguliert. Da die Bewohnerin/der Bewohner dies spürt, spiegelt sich dies in einem kooperierenden und kompromissbereiten Verhalten gegenüber der Pflege. Diese zusammenwirkende Arbeit zwischen Personal und Bewohnenden trägt zu einer gesunden Wohnatmosphäre bei. Es soll eine familiäre Wohnsituation entstehen und gelebt werden. Die Besuchenden und Angehörigen der Bewohnerinnen und Bewohner spüren, dass es ihren Liebsten gut geht. Dies fördert das Vertrauen in die Kompetenzen und Potenziale der Institution. Klar, dass PARO die genannten Auswirkungen nicht alleine erzielen kann. Er ist aber als Werkzeug und Impulsgeber zu verstehen. Er kann in kleinen Schritten Positives bewirken. So ist PARO ein kleiner Bestandteil im grossen Ganzen.

«Er ist aber als Werkzeug und Impulsgeber zu verstehen. Er kann in kleinen Schritten Positives bewirken.»
Evelyn Lieberherr, Leitung Team Aktivierung BZE AG
Frau Käslin ist eine Bewohnerin des Emmenfeld Betagtenzentrums. Sie geniesst die Interaktion mit PARO sichtlich. Das Streicheln der Robbe und die Reaktionen und Bewegungen des Roboters versetzen sie in einen angenehmen Gefühlszustand. Darüber treten ihre körperlichen Schmerzen in den Hintergrund.

Alle 6 Wochen wechselt PARO zwischen der Alp und Emmenfeld

So wirkt sich PARO auf den Menschen aus:

Psychologisch
PARO trägt entscheidend zur Gefühlsregulation bei. Er kann beruhigend wie auch stimulierend wirken und hat damit einen positiven Einfluss auf die Stimmungen der Bewohnerinnen und Bewohner. Allgemein wirken Personen mit PARO wacher. Er eignet sich vor allem für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. 

Sozial
PARO fördert die sozialen Interaktionen der Bewohnerinnen und Bewohner. Demenzkranke können dank PARO wieder in Kontakt mit ihrer Umwelt treten. Die sprachliche Aktivierung wird angeregt. PARO kann als eine Art Brückenbauer oder Türöffner in die emotionale Erlebniswelt von Menschen mit einer demenziellen Entwicklung fungieren. Sinnvolle Aktivierung wie Spielen wird möglich und die Fantasie wird angeregt.

Physiologisch
Schmerzen können besser abgelenkt werden. Da Berührungen ein grundlegendes Bedürfnis sind, stellt sich durch das Streicheln Entspannung ein. Verkrampfungen von Muskeln können sich verbessern, so auch die Mobilität. Auch das Sprachvermögen kann sich verbessern. Zudem wurden Blutdruck- und Pulssenkungen festgestellt. EEG-Messungen ergaben erhöhte Hirntätigkeit.

9. Mai 2023